Bei der Revitalisierung des Seebades Breitenbrunn – des „Neuen Strandes“ – am Neusiedler See wurde ein modernes, naturnahes Konzept erarbeitet, das sich harmonisch in die Kulturlandschaft am See einfügt.
Der Neue Strand – Ein Ort zum Entspannen direkt am See
Das seit 50 Jahre bestehende Naturseebad zeichnet sich vor allem durch sein großzügig angelegtes Badeareal im Freien aus, auf dem jeder Gast seinen Platz findet und einen ungestörten Blick auf den See genießen kann.
Die Hauptidee des Entwurfes von Studio Hoffelner Schmid ist, den See zum Gebäude und nicht das Gebäude zum See zu bringen. Dadurch tritt das zentrale neue Marinagebäude optisch in den Hintergrund und bildet einen Rahmen für die prächtige Naturkulisse. Im Zuge der Neugestaltung umfassten bauliche Maßnahmen neben der Infrastuktursanierung und der Erneuerung der Steganlagen auch die Errichtung eines neuen Marinagebäudes mit einem Gastronomie- und Seminarbereich.
Lage und Bauplatz
Das 16 Hektar große Areal des Neuen Strandes liegt in Breitenbrunn im nördlichen Burgenland auf einer Landzunge direkt am Neusiedler See. Es ist im Besitz der Esterhazy Privat Stiftung. Der Bauplatz befindet sich inmitten des UNESCO Welterbe Gebietes Fertö Neusiedler See. Ziel dieses Vereins ist, die hier seit vielen Jahrhunderten entstandene Kulturlandschaft zu erhalten, zu pflegen und behutsam weiter zu entwickeln. Ab 1965 wurde am See begonnen, einen künstlichen Damm und Flächen für das Seebad aufzuschütten. In Abhängigkeit vom Abstand zur Uferkante sind in Folge verschiedene Zonen mit unterschiedliche Vorgaben und Anforderungen an die Bebauung entstanden.
Entstehung und Entwicklung
Die Übernahme des Seebades durch Esterhazy von der Gemeinde im Jahr 2019 war der Startpunkt, eine neue Vision für das veraltete Areal entwickeln zu lassen. 2016 wurde ein Architekturwettbewerb ausgeschrieben, bei dem als Sieger das Architekturbüro Studio Hoffelner Schmid gemeinsam mit Korbwurf Landschaftsarchitektur hervorging. Im Zentrum der Aufgaben stand die Erneuerung der Bade- und Segelanlagen sowie vor allem die Aufwertung des gastronomischen Angebots.
Aufgrund der sensiblen Lage direkt am See waren gleich mehrere Institutionen und Behörden im Verfahren neben dem Baurecht zu berücksichtigen, vom Wasserrecht, Schifffahrtsrecht und Naturschutz zu dem Vogelschutz. Gleichzeitig waren die Wünsche der vielen verschiedenen Nutzer von Seebadgästen, Mobilheimbesitzern und Sportlern bis hin zu Segelmachern und Fährenbetreibern in die Planung aufzunehmen.
Raumprogramm und Funktionen
Im Obergeschoß befindet sich ein Restaurant mit 160 Innen- und Außenplätzen sowie ein Veranstaltungssaal für bis zu 130 Personen. Durch die erhöhte Lage über dem Schilf ergeben sich besondere Ausblicke auf den See, die den Aufenthalt im Restaurant oder im Veranstaltungsraum zu einem besonderen Erlebnis machen. Großzügig gestaltete und überdachte Terrassen ermöglichen einen witterungsunabhängigen Aufenthalt.
Um einen respektvollen Abstand zum Ufer zu gewähren, dem Gast des Restaurants aber trotzdem das Gefühl des „Sitzens am Wasser“ zu ermöglichen, wurde durch den Aushub des Marinabeckens die Wasserkante näher zum Gebäude gebracht. Direkt am Becken liegt eine zentrale Strandbar am Übergang zwischen den unterschiedlichen Bereichen.
Im Erdgeschoß befinden sich die Rezeption für das gesamte Resort und eine Greißlerei mit lokalen Produkten. Sämtliche Nebenräume und die Büros der Verwaltung sowie die Technikräume sind ebenfalls im Erdgeschoß angeordnet.
Baukörper und Fassade
Durch eine mehrfache Knickung des zweigeschossigen Gebäudes im Grundriss und eine Auflockerung des Volumens durch Unterbrechungen in der Ansicht ergibt sich ein facettenreicher Neubau mit vielen Ein- und Ausblicken auf den See und das Hinterland. Zusammengehalten werden die Baukörper durch eine großzügige Terrasse im Obergeschoss, die vom Freien in das Innere und wieder hinausführt. Durch die sorgfältige Ausrichtung des Gebäudes bildet sich ein Windschutz für das neu ausgegrabene Marinabecken und den vorderen Teil der Liegewiese. Gleichzeitig entsteht eine Lärmbarriere zwischen der beschaulichen Mobilheim Zone und dem geräuschvollen Treiben auf der Liegewiese.
Es entstand ein verglaster und zugleich durchgehend mit Vorsprüngen und Holzlatten verschatteter, zweigeschoßiger Bau. Das Erdgeschoss und die Stiegenhauskerne wurden in Massivbauweise und das Obergeschoss und Dach aus vorgefertigten Holzelementen errichtet. Diese Bauweise erlaubte die Einhaltung der Bauzeit von nur 20 Monaten. Mit seinen Braun- und Grautönen fügt sich das Gebäude harmonisch in die Landschaft ein.
Nachhaltigkeit und Regionalität
Durch den Einsatz von Glasschaumschotter als Rollierung, CO2 reduziertem Beton, einer Hülle mit mehr als 50% aus Holzbauteilen und einer Dachbegrünung konnte die Zertifizierung ÖGNI Gold erreicht werden. Auch der Einsatz einer Wärmepumpe, einer hocheffizienter Wärmerückgewinnung in der Lüftungsanlage, sowie die Installation eines hochintelligenten Gebäudeautomationssystemes tragen ihren Teil zum nachhaltigen Betrieb des Gebäudes bei.
Landschaftlich wurden vormals verbaute Flächen im Ausmass von 11.000 m2 entsiegelt und entsprechend den klimatischen Bedingungen bepflanzt. Ein regeneratives Wassernutzungskonzept sorgt für Ressourcenschonung. Darüber hinaus kommt der E-Mobilität große Bedeutung zu.
Auch bei der Innenarchitektur wurde auf Nachhaltigkeit besonderen Wert gelegt: Es wurden vorwiegend zertifiziertes Holz aus Europa, Möbel und Teppiche aus recycelten PET-Flaschen sowie Vorhänge aus aufbereiteten Fasern sowie Naturtextilien verwendet.
Neben dem Restaurant und der Strandbar steht den Gästen des Neuen Strands eine Greißlerei zur Verfügung, in der sie durch ein modernes Automatensystem regionale Produkte erwerben können.
Dialog zwischen Architektur und Landschaft
Die Gestaltung des Gebäudes wie auch der Freiflächen erfolgte unter Bedacht auf eine behutsame Einbettung in das sensible Umfeld. Man kam ohne Eingriffe in den Schilfgürtel aus. Rund um das Marinagebäude wurden Kies- und Besenstrichflächen angelegt, umsäumt von großzügigen Blumenwiesen. Auf der öffentlichen Grün- und Liegefläche wurden neue Baum- und Strauchgruppen gepflanzt.
Der harmonische Dialog zwischen Innen- und Außenraum spiegelt sich in der Materialität, in der Bepflanzung und in der Form- und Farbgebung wider. Die einladenden und atmosphärischen Freiräume rund um das Marinagebäude bieten vielfältige Aufenthaltsqualitäten.
Neben dem Restaurant und der Strandbar steht den Gästen des Neuen Strands eine Greißlerei zur Verfügung, in der sie durch ein modernes Automatensystem regionale Produkte erwerben können.
Daten:
Ort: 7091 Breitenbrunn am Neusiedlersee
Fertigstellung: 2024
Auftraggeber: Esterhazy, vertreten durch Neuer Strand Betriebs GmbH
BGF: 1.800 m²
Photos: © Kurt Kuball
Projektpartner:
Landschaftsplaner: Korbwurf Landschaftsarchitektur
Bauphysik: DI Ianko Ivanov
Brandschutzplanung: Hoyer Brandschutzplanung GmbH
Branding und Leitsystem: brand unit
Statik: DI Oliver Stübe
Haustechnikplanung: Ingenieurbüro Lakata GmbH
Elektroplanung: Technisches Büro Eipeldauer + Partner Ges.m.b.H
Infrastukturplanung: B & K Ziviltechniker GmbH
ÖBA: Werner Consult ZT GmbH/Bubeleichhorn ZT GmbH
Projektsteuerung: Werner Consult ZT GmbH
Küchenplanung: CNS Design
Ausführende Firmen:
Generalunternehmer: DYWIDAG Dyckerhoff & Widmann GmbH
Holzbau: Graf‑Holztechnik GmbH
Haustechnik: Molin
Elektrotechnik: Sumetzberger
Stege/Terrassen: Seezimmerei Tiedl
Mitarbeiter Studio Hoffelner Schmid:
DI Miroslav Schiffer, DI Marcus Paar, DI Florian Öhlinger, DI Benjamin Strassl